StVFernLV

Verordnung über Ausnahmen von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften für ferngelenkte Kraftfahrzeuge (Straßenverkehr-Fernlenk-Verordnung - StVFernLV)


Ausfertigungsdatum: 16.07.2025
Stand:
V aufgeh. durch § 19 dieser V mWv 1.12.2030
    Eingangsformel
    § 1  Regelungsgegenstand
    § 2  Begriffsbestimmungen
    § 3  Betrieb eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs
    § 4  Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug
    § 5  Marktüberwachung
    § 6  Widerruf der Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug
    § 7  Betriebsbereichsgenehmigung für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug
    § 8  Antrag auf Erteilung einer Betriebsbereichsgenehmigung für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug
    § 9  Widerruf der Betriebsbereichsgenehmigung für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug
    § 10  Anforderungen an die fernlenkende Person
    § 11  Sicherstellungspflichten des Halters in Bezug auf die Anforderungen an die fernlenkende Person
    § 12  Pflichten der fernlenkenden Person
    § 13  Pflichten des Herstellers der technischen Ausrüstung zum Fernlenken
    § 14  Pflichten des Halters
    § 15  Datenverarbeitung
    § 16  Maßgaben zur Anwendung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung
    § 17  Ausnahmen
    § 18  Ausnahmegenehmigungen nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung
    § 19  Außerkrafttreten
    § 20  Inkrafttreten
    Anlage 1  (zu § 4 Absatz 1 Nummer 1 und 4 sowie Absatz 5, § 6 Absatz 1 Nummer 1,§ 13 Absatz 1 Nummer 1 bis 3, Anlage 3)Technische Anforderungen an das Gesamtsystem zum Fernlenken
    Anlage 2  (zu § 7 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, § 8 Absatz 2 Nummer 1, § 9 Absatz 2)Voraussetzungen für die Erteilung der Betriebsbereichsgenehmigung
    Anlage 3  (zu § 15 Absatz 1, 4 und 5, Anlage 1)Anforderungen an die Datenverarbeitung
*)
EU-Rechtsakte (Stand 16.7.2025):
1.
Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2; L 74 vom 4.3.2021, S. 35)
2.
Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und (EG) Nr. 595/2009 und zur Aufhebung der Richtlinie 2007/46/EG (ABl. L 151 vom 14.6.2018, S. 1; L 398 vom 11.11.2021, S. 29; L 210 vom 11.8.2022, S. 19; L 304 vom 24.11.2022, S. 103), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2024/1610 vom 14. Mai 2024 (ABl. L, 2024/1610, 6.6.2024) geändert worden ist
3.
Verordnung (EU) 2019/2144 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. November 2019 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge im Hinblick auf ihre allgemeine Sicherheit und den Schutz der Fahrzeuginsassen und von ungeschützten Verkehrsteilnehmern, zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 78/2009, (EG) Nr. 79/2009 und (EG) Nr. 661/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnungen (EG) Nr. 631/2009, (EU) Nr. 406/2010, (EU) Nr. 672/2010, (EU) Nr. 1003/2010, (EU) Nr. 1005/2010, (EU) Nr. 1008/2010, (EU) Nr. 1009/2010, (EU) Nr. 19/2011, (EU) Nr. 109/2011, (EU) Nr. 458/2011, (EU) Nr. 65/2012, (EU) Nr. 130/2012, (EU) Nr. 347/2012, (EU) Nr. 351/2012, (EU) Nr. 1230/2012 und (EU) 2015/166 der Kommission (ABl. L 325 vom 16.12.2019, S. 1; L 398 vom 11.11.2021, S. 29), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2023/2590 vom 13. Juli 2023 (ABl. L, 2023/2590, 22.11.2023) geändert worden ist
* Notifiziert gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1).

Fussnoten:


(+++ Textnachweis ab: 1.12.2025 +++)

(+++ Amtlicher Hinweis des Normgebers auf EG-Recht:
Notifizierung der
EURL 2015/1535 (CELEX Nr: 32015L1535) +++)

Eingangsformel

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Das Bundesministerium für Verkehr verordnet aufgrund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 18, Absatz 3 Nummer 6, Absatz 7 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 70 des Gesetzes vom 23. Oktober 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 323) geändert worden ist, in Verbindung mit § 1 Absatz 2 des Zuständigkeitsanpassungsgesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. I S. 3165), das durch Artikel 7 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, und dem Organisationserlass vom 6. Mai 2025 (BGBl. 2025 I Nr. 131), nach Anhörung der zuständigen obersten Landesbehörden:

§ 1  Regelungsgegenstand

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(1) Diese Verordnung regelt die Voraussetzungen, unter denen Kraftfahrzeuge der Klassen M und N im Sinne des Artikels 4 der Verordnung (EU) 2018/858, abweichend von den Verkehrsvorschriften nach Abschnitt I des Straßenverkehrsgesetzes, der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und der Fahrerlaubnis-Verordnung, ferngelenkt auf öffentlichen Straßen betrieben werden dürfen.
(2) Soweit in dieser Verordnung nicht die Zuständigkeit des Kraftfahrt-Bundesamts bestimmt wird, ist zuständige Behörde die nach Landesrecht zuständige Behörde.
(3) Die Vorschriften der §§ 1a bis 1k des Straßenverkehrsgesetzes bleiben unberührt.

Fussnoten:

(+++ EU-Vollzitate: vgl. Liste EU-Rechtsakte V v. 16.7.2025 I Nr. 176 +++)

§ 2  Begriffsbestimmungen

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(1) Ein Kraftfahrzeug mit ferngelenkter Fahrfunktion (ferngelenktes Kraftfahrzeug) ist ein Kraftfahrzeug, das mittels einer technischen Ausrüstung zum Fernlenken durch eine Person gelenkt wird, die sich außerhalb des Kraftfahrzeugs befindet.
(2) Das Fernlenken ist das Führen eines Kraftfahrzeugs im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes durch eine außerhalb des Kraftfahrzeugs befindliche natürliche Person mittels einer technischen Ausrüstung zum Fernlenken.
(3) Die technische Ausrüstung zum Fernlenken besteht aus dem Leitstand und den innerhalb des Kraftfahrzeugs befindlichen Bauteilen und Systemen, die die Führung des Kraftfahrzeugs durch eine sich außerhalb des Kraftfahrzeugs befindliche fernlenkende Person ermöglichen.
(4) Der Leitstand ist die Gesamtheit der außerhalb des Kraftfahrzeugs befindlichen Bauteile und Systeme, die der fernlenkenden Person die Führung des Kraftfahrzeugs ermöglicht.
(5) Das Gesamtsystem zum Fernlenken ist die Gesamtheit aus technischer Ausrüstung zum Fernlenken und dem damit ausgestatteten Kraftfahrzeug, für das die technische Ausrüstung zum Fernlenken bestimmt ist.
(6) Der Fahrtverzug ist die in Metern gemessene Strecke, die das ferngelenkte Kraftfahrzeug aufgrund der Latenz der Datenübertragung zwischen ferngelenktem Kraftfahrzeug und Leitstand ohne Kontrolle durch die fernlenkende Person zurücklegt.
(7) Ein risikominimaler Zustand eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs ist ein Zustand im Stillstand, in den sich das ferngelenkte Kraftfahrzeug auf eigene Veranlassung oder ausgelöst durch die das Kraftfahrzeug fernlenkende Person, unter angemessener Beachtung der Verkehrssituation und der größtmöglichen Sicherheit für die Fahrzeuginsassen, andere Verkehrsteilnehmende und Dritte an einer möglichst sicheren Stelle versetzt und die Warnblinkanlage aktiviert.

§ 3  Betrieb eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs

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(1) Der Betrieb eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs auf öffentlichen Straßen ist zulässig, wenn
1.
für das Kraftfahrzeug eine Betriebserlaubnis durch das Kraftfahrt-Bundesamt nach § 4 erteilt worden ist,
2.
das Kraftfahrzeug in einem nach § 7 genehmigten Betriebsbereich ferngelenkt wird,
3.
die fernlenkende Person die Anforderungen der § 10 und § 12 Absatz 2 erfüllt,
4.
die technische Ausrüstung zum Fernlenken und die fernlenkende Person sich physisch im Inland befinden,
5.
das Kraftfahrzeug zur Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr zugelassen ist und
6.
durch den Betrieb des Kraftfahrzeugs weder die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs beeinträchtigt noch Leib und Leben von Personen gefährdet werden.
(2) Die das Kraftfahrzeug fernlenkende Person ist Fahrzeugführer im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes, solange sie die Steuerung des Kraftfahrzeugs ausführt oder ausführen muss.

§ 4  Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug

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(1) Der Halter hat die Betriebserlaubnis für das ferngelenkte Kraftfahrzeug beim Kraftfahrt-Bundesamt zu beantragen. Die Betriebserlaubnis ist zu erteilen, wenn
1.
das Gesamtsystem zum Fernlenken die Anforderungen nach Anlage 1 erfüllt,
2.
für das Kraftfahrzeug unbeschadet des Einbaus der technischen Ausrüstung zum Fernlenken eine der folgenden Betriebserlaubnisse erteilt worden ist:
a)
eine EU-Typgenehmigung nach den Vorschriften der Verordnung (EU) 2018/858,
b)
eine Allgemeine Betriebserlaubnis für Typen nach den Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung oder
c)
eine Betriebserlaubnis für Einzelfahrzeuge nach den Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung,
3.
das Kraftfahrzeug nach dem Einbau der technischen Ausrüstung zum Fernlenken nicht von den für die Sicherheit des Straßenverkehrs notwendigen Anforderungen der europäischen Rechtsakte und UN-Regelungen, die in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/858 genannt sind, oder von den Bau- und Betriebsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung abweicht,
4.
der Halter dem Antrag folgende Unterlagen beifügt:
a)
einen Nachweis über die Erfüllung der Anforderungen der Nummern 2 und 3,
b)
ein Sicherheitskonzept zur funktionalen Sicherheit für das Gesamtsystem zum Fernlenken nach Anlage 1 Nummer 1.1,
c)
Reparatur- und Wartungsinformationen für das Gesamtsystem zum Fernlenken nach Anlage 1 Nummer 1.2,
d)
ein Konzept zur Sicherheit im Bereich der Informationstechnologie nach Anlage 1 Nummer 3.10 und
e)
auf Anforderung des Kraftfahrt-Bundesamts weitere Unterlagen zum Nachweis der Einhaltung der in Anlage 1 niedergelegten Anforderungen und
5.
der Halter erklärt, den Bericht nach Absatz 8 zu erstatten und einen Nachweis beibringt, dass der Hersteller der technischen Ausrüstung zum Fernlenken dessen Erstellung unterstützt.
(2) Die Betriebserlaubnis ist für jedes ferngelenkte Kraftfahrzeug einzeln zu beantragen. Bei baugleichen ferngelenkten Kraftfahrzeugen bedarf es lediglich eines Antrags. Der Antrag muss die Angabe enthalten, auf wie viele baugleiche ferngelenkte Kraftfahrzeuge er sich bezieht.
(3) Die Betriebserlaubnis ist für jedes ferngelenkte Kraftfahrzeug einzeln zu erteilen.
(4) Die Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug kann jederzeit mit Nebenbestimmungen versehen werden, um den sicheren Betrieb des ferngelenkten Kraftfahrzeugs und die Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung zu gewährleisten.
(5) Das Kraftfahrt-Bundesamt kann einen amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr oder einen technischen Dienst mit Gesamtfahrzeugbefugnissen der jeweiligen Fahrzeugklassen mit der Prüfung der Anforderungen nach Anlage 1 beauftragen und die sich durch diese Prüfung ergebenden Erkenntnisse im Rahmen der Erteilung der Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug verwenden.
(6) Das Kraftfahrt-Bundesamt hat vor Erteilung der Betriebserlaubnis zu prüfen, ob die Anforderungen nach Absatz 1 erfüllt sind. Das Kraftfahrt-Bundesamt kann jederzeit nach Erteilung der Betriebserlaubnis beim Halter nachprüfen oder durch die in Absatz 5 genannten Stellen nachprüfen lassen, ob die Voraussetzungen der Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug weiter vorliegen und die mit dieser Betriebserlaubnis verbundenen Pflichten erfüllt werden. Die Prüfergebnisse nach Satz 2 sind in einem Gutachten zu dokumentieren.
(7) Der Halter hat Veränderungen am Gesamtsystem zum Fernlenken, die nach Erteilung der Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug vorgenommen werden, dem Kraftfahrt-Bundesamt anzuzeigen. Das betreffende ferngelenkte Kraftfahrzeug darf erst dann auf öffentlichen Straßen betrieben werden, wenn das Kraftfahrt-Bundesamt seine Zustimmung erteilt hat.
(8) Nach Erteilung der Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug hat der Halter in einem wissenschaftlich unabhängigen Forschungsvorhaben das Folgende in nicht personenbezogener Form zu evaluieren:
1.
die Auswirkungen des Betriebs des ferngelenkten Kraftfahrzeugs auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs,
2.
die Auswirkungen des Betriebs des ferngelenkten Kraftfahrzeugs auf die fernlenkende Person und
3.
die Zweckmäßigkeit der Anforderungen dieser Verordnung.
Das Ergebnis des Forschungsvorhabens ist in einem Abschlussbericht nach den anerkannten Regeln der Wissenschaft schriftlich darzulegen. Der Abschlussbericht ist 36 Monate nach der Zulassung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs dem Kraftfahrt-Bundesamt, der Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen und der für die Genehmigung des Betriebsbereichs zuständigen Landesbehörde vorzulegen. Der Halter hat den in Satz 3 genannten Stellen ab Beginn des Forschungsvorhabens jährliche Zwischenberichte über die Auswirkungen und die Zweckmäßigkeit nach Satz 1 vorzulegen.

Fussnoten:

(+++ EU-Vollzitate: vgl. Liste EU-Rechtsakte V v. 16.7.2025 I Nr. 176 +++)

§ 5  Marktüberwachung

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(1) Das Kraftfahrt-Bundesamt hat die Aufgaben der Marktüberwachung hinsichtlich der ferngelenkten Kraftfahrzeuge, denen eine Betriebserlaubnis nach dieser Verordnung erteilt worden ist, wahrzunehmen.
(2) Das Kraftfahrt-Bundesamt hat regelmäßige Kontrollen durchzuführen, um nachzuprüfen, ob
1.
die im Verkehr befindlichen ferngelenkten Kraftfahrzeuge die Anforderungen dieser Verordnung erfüllen und
2.
von den im Verkehr befindlichen ferngelenkten Kraftfahrzeugen Gefahren für die Gesundheit, die Sicherheit, die Umwelt oder andere im öffentlichen Interesse schützenswerte Rechtsgüter ausgehen.
(3) Das Kraftfahrt-Bundesamt hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik bei der Bewertung der informationstechnischen Sicherheit von ferngelenkten Kraftfahrzeugen zu beteiligen.
(4) Das Kraftfahrt-Bundesamt hat die erforderlichen Maßnahmen zur Wahrung der Sicherheit des Straßenverkehrs zu treffen, insbesondere die Vorbereitung eines Widerrufs der Betriebserlaubnis nach § 6, wenn es den begründeten Verdacht hat, dass ein ferngelenktes Kraftfahrzeug die Anforderungen dieser Verordnung nicht erfüllt.
(5) Der Halter ist verpflichtet,
1.
das Kraftfahrt-Bundesamt bei der Durchführung der Marktüberwachung zu unterstützen und
2.
dem Kraftfahrt-Bundesamt auf Verlangen die für die Marktüberwachung erforderlichen Unterlagen und Informationen sowie andere technische Spezifikationen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, wobei der Halter auf Verlangen auch einen Zugang zu Software und Algorithmen ermöglichen muss.

§ 6  Widerruf der Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug

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(1) Das Kraftfahrt-Bundesamt hat die nach § 4 Absatz 1 erteilte Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug zu widerrufen, wenn
1.
das Gesamtsystem zum Fernlenken die Anforderungen nach Anlage 1 nicht mehr erfüllt,
2.
das Gesamtsystem zum Fernlenken entgegen § 4 Absatz 7 verändert worden ist,
3.
der Halter Nebenbestimmungen nach § 4 Absatz 4 nicht oder nicht mehr erfüllt,
4.
der Halter das Forschungsvorhaben nach § 4 Absatz 8 nicht oder nicht mehr durchführt,
5.
der Halter Daten oder technische Spezifikationen, die für die Entscheidung des Kraftfahrt-Bundesamts über die Erteilung der Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug oder deren Widerruf wesentlich sind, zurückhält oder über diese falsche Angaben macht oder
6.
durch den Betrieb des ferngelenkten Kraftfahrzeugs die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs beeinträchtigt werden kann oder eine Gefährdung von Leib oder Leben von Personen nicht auszuschließen ist.
(2) Besteht die begründete Annahme, dass ein Widerrufsgrund nach Absatz 1 vorliegt, kann das Kraftfahrt-Bundesamt unbeschadet der Befugnis nach § 5 Absatz 4 geeignete Maßnahmen anordnen, die der weiteren Aufklärung dienlich sind, insbesondere das Beibringen von Unterlagen oder die Vorstellung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs beim Kraftfahrt-Bundesamt oder bei einer nach § 4 Absatz 5 genannten Stelle. Bis zum Abschluss der Prüfung, ob ein Widerrufsgrund nach Absatz 1 vorliegt, kann das Kraftfahrt-Bundesamt das Ruhen der Betriebserlaubnis anordnen.
(3) Wenn die nach § 4 Absatz 1 erteilte Betriebserlaubnis widerrufen worden ist oder aufgrund einer Anordnung nach Absatz 2 Satz 2 ruht, darf das ferngelenkte Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen nicht betrieben werden.
(4) Wenn für das ferngelenkte Kraftfahrzeug eine Betriebsbereichsgenehmigung nach § 7 Absatz 2 erteilt worden ist, setzt das Kraftfahrt-Bundesamt die zuständige Behörde nach § 7 Absatz 1 über das Ruhen oder den Widerruf der nach § 4 Absatz 1 erteilten Betriebserlaubnis für das ferngelenkte Kraftfahrzeug unverzüglich in Kenntnis.
(5) Die §§ 48 und 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes bleiben unberührt.

§ 7  Betriebsbereichsgenehmigung für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug

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(1) Der Betriebsbereich eines bestimmten ferngelenkten Kraftfahrzeugs bedarf der Betriebsbereichsgenehmigung durch die zuständige Behörde.
(2) Die Betriebsbereichsgenehmigung ist zu erteilen, wenn
1.
eine Betriebserlaubnis für das betreffende ferngelenkte Kraftfahrzeug nach § 4 Absatz 1 vorliegt,
2.
der Betriebsbereich geeignet ist im Sinne der Anlage 2 Nummer 2, wobei Eignungsmängel, die lediglich im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände zutage treten, außer Betracht bleiben,
3.
eine für den Betrieb des betreffenden ferngelenkten Kraftfahrzeugs hinreichende Zahl an fernlenkenden Personen zur Verfügung steht, die die Anforderungen nach § 10 erfüllen,
4.
der Hersteller der technischen Ausrüstung zum Fernlenken die Pflichten nach § 13 erfüllt hat,
5.
der Halter Gewähr für die Erfüllung der Pflichten nach § 14 bietet und
6.
der Halter die nach § 8 Absatz 2 beizubringenden weiteren Unterlagen, Nachweise und Erklärungen vorlegt.
Vor Erteilung der Betriebsbereichsgenehmigung ist das Benehmen mit dem jeweiligen Träger der Straßenbaulast sowie mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde herzustellen.
(3) Die Betriebsbereichsgenehmigung kann jederzeit mit Nebenbestimmungen versehen werden, um die Einhaltung der Voraussetzungen nach Absatz 2 zu gewährleisten. Insbesondere kann die Betriebsbereichsgenehmigung mit der Auflage verbunden werden, für einen bestimmten Zeitraum einen Sicherheitsfahrer einzusetzen oder keine Personenbeförderung oder keinen Gütertransport vorzunehmen.
(4) Die Betriebsbereichsgenehmigung wird unbeschadet der Rechte anderer erteilt. Die Betriebsbereichsgenehmigung gewährt keinen Anspruch darauf, dass der Betriebsbereich verfügbar ist oder die tatsächlichen Gegebenheiten, die der Betriebsbereichsgenehmigung zugrunde lagen, sich nicht verändern.
(5) Die zuständige Behörde kann eine der in § 4 Absatz 5 genannten Stellen beauftragen, einen Betriebsbereich daraufhin zu begutachten, ob die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 genannten Voraussetzungen vorliegen. Die zuständige Behörde kann verlangen, dass der Halter auf eigene Kosten ein Gutachten einer der in § 4 Absatz 5 genannten Stellen über das Vorliegen der in Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 genannten Voraussetzungen vorlegt.
(6) Über die Erteilung einer Betriebsbereichsgenehmigung setzt die zuständige Behörde das Kraftfahrt-Bundesamt unverzüglich in Kenntnis.

§ 8  Antrag auf Erteilung einer Betriebsbereichsgenehmigung für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug

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(1) Die Erteilung der Betriebsbereichsgenehmigung bedarf eines Antrags des Halters bei der zuständigen Behörde.
(2) Der Antrag muss enthalten:
1.
die Darstellung des Betriebsbereichs nach Anlage 2 Nummer 1,
2.
die Betriebserlaubnis für das betreffende ferngelenkte Kraftfahrzeug nach § 4 Absatz 1,
3.
die Benennung der fernlenkenden Personen, die für den Betrieb des betreffenden ferngelenkten Kraftfahrzeugs zur Verfügung stehen,
4.
für jede der gemäß Nummer 3 benannten Personen einen Nachweis über
a)
das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nach § 10 Absatz 1 Nummer 1,
b)
die erfolgte Schulung nach § 10 Absatz 2 Satz 1 und
c)
deren Einwilligung zur Vorlage der sie betreffenden Nachweise durch den Halter bei der zuständigen Behörde,
5.
die Bestätigung des Halters, dass jede der gemäß Nummer 3 benannten Personen die übrigen Anforderungen nach § 10 erfüllt,
6.
die Dokumentationen nach § 11 Absatz 1 Satz 1 und § 11 Absatz 2,
7.
eine Erklärung nebst Dokumentation, dass der Halter in der Lage ist, die Pflichten nach § 14 zu erfüllen und
8.
auf Anforderung der zuständigen Behörde weitere Unterlagen zum Nachweis des Vorliegens der in § 7 Absatz 2 Nummer 1 bis 5 genannten Voraussetzungen.
(3) Nachträgliche Veränderungen in Bezug auf die Voraussetzungen nach Absatz 2, § 7 Absatz 2 oder § 10 Absatz 1 hat der Halter unverzüglich der zuständigen Behörde mitzuteilen.

§ 9  Widerruf der Betriebsbereichsgenehmigung für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug

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(1) Die zuständige Behörde hat die nach § 7 Absatz 2 erteilte Betriebsbereichsgenehmigung zu widerrufen, wenn sie davon Kenntnis erlangt, dass
1.
die Voraussetzungen nach § 7 Absatz 2 nicht oder nicht mehr erfüllt werden,
2.
Nebenbestimmungen nach § 7 Absatz 3 nicht oder nicht mehr erfüllt werden,
3.
das ferngelenkte Kraftfahrzeug außerhalb des Betriebsbereichs auf öffentlichen Straßen ferngelenkt wird,
4.
keine hinreichende Zahl an fernlenkenden Personen mehr zur Verfügung steht, die die Anforderungen nach § 10 erfüllen,
5.
eine Person eingesetzt wird, die die Anforderungen nach § 10 nicht oder nicht mehr erfüllt,
6.
der Halter die Pflichten nach § 14 nicht oder nicht mehr erfüllt, oder
7.
durch den Betrieb des ferngelenkten Kraftfahrzeugs
a)
die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs beeinträchtigt werden kann oder
b)
eine Gefährdung von Leib oder Leben von Personen nicht auszuschließen ist, die über das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung durch den für den genehmigten Betriebsbereich ortsüblichen Straßenverkehr hinaus geht.
(2) Wenn die Anforderungen der Anlage 2 vorübergehend nicht erfüllt sind und der Halter nicht nachweist, dass ein sicherer Betrieb des ferngelenkten Kraftfahrzeugs weiterhin gewährleistet ist, kann die zuständige Behörde das Ruhen einer nach § 7 Absatz 2 erteilten Betriebsbereichsgenehmigung anordnen.
(3) Wenn die nach § 7 Absatz 2 erteilte Betriebsbereichsgenehmigung nach Absatz 1 widerrufen worden ist oder aufgrund einer Anordnung nach Absatz 2 ruht, darf das ferngelenkte Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen nicht betrieben werden.
(4) Über das Ruhen oder den Widerruf einer Betriebsbereichsgenehmigung setzt die zuständige Behörde das Kraftfahrt-Bundesamt unverzüglich in Kenntnis.
(5) Die den §§ 48 und 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften bleiben unberührt.

§ 10  Anforderungen an die fernlenkende Person

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(1) Die Anforderungen an das Fernlenken von Kraftfahrzeugen erfüllt, wer
1.
im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Halter beschäftigt ist,
2.
das 21. Lebensjahr vollendet hat,
3.
seit mindestens drei Jahren ununterbrochen eine EU-, EWR- oder schweizerische Fahrerlaubnis für die dem ferngelenkten Kraftfahrzeug entsprechende Fahrerlaubnisklasse besitzt und
4.
zum Fernlenken eines Kraftfahrzeugs befähigt und geeignet ist.
(2) Die fernlenkende Person ist zum Fernlenken eines Kraftfahrzeugs befähigt im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4, wenn sie an einer Schulung zum Nachweis des sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Führens dieses ferngelenkten Kraftfahrzeugs durch den Halter teilgenommen hat. Die Schulung muss mindestens die folgenden Inhalte und Fähigkeiten vermitteln:
1.
Kenntnisse über die Voraussetzungen für die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer, auch durch Perspektivübernahme,
2.
Kenntnisse über die Voraussetzungen für die Sicherheit und den Komfort der Fahrzeuginsassen, auch durch Perspektivübernahme,
3.
zum Fernlenkbetrieb dessen gesetzliche Grundlagen, Technik, Ablauf, Übernahme und Rückgabe der Fahrzeugkontrolle, Beteiligte und Rollen, Organisation, Richtlinien und Regelungen, Anwendungsfälle sowie Betriebsbereiche und -bedingungen,
4.
zum Leitstand dessen Komponenten, Technik, Bedienung, Login und Einbindung in das Kontrollzentrum,
5.
zur Latenz deren Ursachen, Folgen und Kompensation durch die fernlenkende Person,
6.
zur Kommunikationsschnittstelle und Videoübertragung deren technischer Hintergrund und mögliche Fehler,
7.
Sensorinformationen der Virtualität und Videodarstellung, Cyberkrankheit, Immersion und Präsenz,
8.
Herausforderungen infolge menschlicher Einflüsse und der Umgang mit diesen Herausforderungen mit Blick auf Arbeitsbelastung, Situationsbewusstsein und Folgen für die Fahrsicherheit,
9.
Kommunikation mit anderem Betriebspersonal, Fahrzeuginsassen, anderen Verkehrsteilnehmenden und den zuständigen Polizeibehörden,
10.
Fernlenken und Fahren in unterschiedlichen Verkehrsumgebungen und unter unterschiedlichen Umgebungsbedingungen, insbesondere Helligkeit, Wetterverhältnisse, Verkehrsdichte, in Abhängigkeit von den tatsächlichen Einsatzszenarien der fernlenkenden Person und
11.
Sicherheitsprüfungen des ferngelenkten Kraftfahrzeugs vor Abfahrt, während der Fahrt und nach Abstellen des Fahrzeugs.
(3) Die fernlenkende Person ist zum Fernlenken eines Kraftfahrzeugs geeignet im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4, wenn sie
1.
die für eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung geltenden körperlichen und geistigen Eignungsvoraussetzungen der Fahrerlaubnis-Verordnung erfüllt,
2.
weder ein- oder beidseitig hochgradig schwerhörig ist, das heißt keinen Hörverlust von mindestens 60 % hat, noch ein- oder beidseitig gehörlos ist und
3.
hinsichtlich des Sehvermögens zusätzlich zu den Anforderungen nach Nummer 1 in der Lage ist, die für das Fernlenken relevanten Informationen auf dem Bildschirm des Leitstandes zu erkennen.
(4) Die fernlenkende Person ist zum Fernlenken eines Kraftfahrzeugs nicht geeignet im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4, wenn sie
1.
erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen hat und
2.
nicht die Gewähr dafür bietet, dass sie der besonderen Verantwortung zum Fernlenken eines Kraftfahrzeugs gerecht wird.
Die fehlende Eignung nach Satz 1 wird unwiderleglich vermutet, wenn sich für die Person ein Punktestand von mehr als drei Punkten nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem gemäß § 4 des Straßenverkehrsgesetzes ergibt.

§ 11  Sicherstellungspflichten des Halters in Bezug auf die Anforderungen an die fernlenkende Person

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(1) Der Halter hat sicherzustellen und zu dokumentieren, dass ihm eine für den Betrieb eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs hinreichende Zahl an fernlenkenden Personen zur Verfügung steht, die die Anforderungen an das Fernlenken von Kraftfahrzeugen nach § 10 Absatz 1 erfüllen. Die Befugnisse der zuständigen Behörde nach § 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung bleiben hiervon unberührt.
(2) Der Halter ist verpflichtet, die Durchführung der Schulung nach § 10 Absatz 2 zu dokumentieren.
(3) Der Halter hat der für die Genehmigung des Betriebsbereichs zuständigen Behörde auf Anforderung die Dokumentation gemäß Absatz 1 Satz 1 einschließlich der von der jeweiligen fernlenkenden Person hierzu ihm gegenüber erbrachten Nachweise nach § 10 Absatz 1 vorzulegen.
(4) Der Halter hat
1.
die Handlungssicherheit der fernlenkenden Person durch eine Begleitung, Aufzeichnung oder sonstige Kontrolle von Fahrten oder von Prüffahrten auf einem Fahrsimulator regelmäßig zu überprüfen,
2.
die fernlenkende Person bei technischen oder betrieblichen Veränderungen weiterzubilden und
3.
der zuständigen Behörde den Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der fernlenkenden Person mit dem Halter unverzüglich mitzuteilen.
(5) Der Halter darf die fernlenkende Person nicht einsetzen, wenn sie die Anforderungen an das Fernlenken nicht erfüllt, ihre Handlungssicherheit nach Absatz 4 Nummer 1 nicht gegeben ist oder ihr das Fernlenken von der zuständigen Behörde nach § 3 Absatz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung untersagt worden ist.

§ 12  Pflichten der fernlenkenden Person

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(1) Die fernlenkende Person hat den Halter des Kraftfahrzeugs unverzüglich darüber zu unterrichten, wenn und sobald
1.
sich für sie ein Punktestand von mehr als drei Punkten nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem gemäß § 4 des Straßenverkehrsgesetzes ergibt,
2.
ihr von der hierfür zuständigen Behörde die Fahrerlaubnis für die dem ferngelenkten Kraftfahrzeug entsprechende Fahrerlaubnisklasse entzogen wurde,
3.
ihr von der hierfür zuständigen Behörde das Fernlenken eines Kraftfahrzeugs nach § 3 Absatz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung untersagt wurde oder
4.
ihr von der zuständigen Behörde Bedingungen oder Auflagen für das Führen oder Fernlenken eines Kraftfahrzeugs erteilt wurden.
(2) Während des Fernlenkens eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs
1.
darf die fernlenkende Person nicht zeitgleich ein weiteres Kraftfahrzeug führen,
2.
hat sie die geltenden Bestimmungen für Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten und
3.
darf sie keine gefährlichen Güter im Sinne des Gefahrgutbeförderungsgesetzes befördern.

§ 13  Pflichten des Herstellers der technischen Ausrüstung zum Fernlenken

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(1) Der Hersteller der technischen Ausrüstung zum Fernlenken hat
1.
ein Sicherheitskonzept zur funktionalen Sicherheit für das Gesamtsystem zum Fernlenken nach Anlage 1 Nummer 1.1 zu erstellen,
2.
Reparatur- und Wartungsinformationen für das Gesamtsystem zum Fernlenken nach Anlage 1 Nummer 1.2 zu erstellen,
3.
ein Konzept zur Sicherheit im Bereich der Informationstechnologie nach Anlage 1 Nummer 3.10 zu erstellen und
4.
für die Datenverarbeitung nach § 15 ein Sicherheitskonzept zu erstellen, das den Vorgaben der Artikel 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) entspricht und eine Datenschutz-Folgenabschätzung nach Artikel 35 der Datenschutz-Grundverordnung beinhaltet.
(2) Der Hersteller der technischen Ausrüstung zum Fernlenken hat die Dokumente nach Absatz 1 Nummer 1 bis 4 dem Halter zur Verfügung zu stellen.

Fussnoten:

(+++ EU-Vollzitate: vgl. Liste EU-Rechtsakte V v. 16.7.2025 I Nr. 176 +++)

§ 14  Pflichten des Halters

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(1) Der Halter ist zur Erhaltung der Verkehrssicherheit und der Umweltverträglichkeit des ferngelenkten Kraftfahrzeugs verpflichtet und hat die hierfür erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Er hat
1.
die regelmäßige Wartung des Gesamtsystems zum Fernlenken sicherzustellen, insbesondere muss er
a)
sicherstellen, dass Anweisungen zur ordnungsgemäßen Durchführung der Reparaturarbeiten und Wartungsarbeiten befolgt werden und
b)
Berichte über die Durchführung von Reparaturarbeiten und Wartungsarbeiten unverzüglich erstellen und unterzeichnen,
2.
sicherzustellen, dass die fernlenkende Person während des Fernlenkens eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs
a)
nicht zeitgleich ein weiteres Kraftfahrzeug führt,
b)
die geltenden Bestimmungen für Lenk- und Ruhezeiten einhält und
c)
keine gefährlichen Güter im Sinne des Gefahrgutbeförderungsgesetz befördert und
3.
Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die sonstigen nicht an die Fahrzeugführung gerichteten Verkehrsvorschriften eingehalten werden.
(2) Die Anforderungen zur Dokumentenverwaltung für die Anweisungen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a und die Berichte nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe b müssen dem Stand der Technik entsprechen. Der Stand der Technik wird eingehalten, wenn die Vorgaben der ISO 9001:2015-09 Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe erfüllt sind. Darüber hinaus muss die Dokumentenverwaltung den Vorgaben der Artikel 24, 25 und 32 der Datenschutz-Grundverordnung genügen.
(3) Der Halter hat sicherzustellen, dass täglich vor Betriebsbeginn des ferngelenkten Kraftfahrzeugs eine erweiterte Abfahrkontrolle durchgeführt wird. Die erweiterte Abfahrkontrolle umfasst
1.
eine Sichtprüfung der Kontrollleuchten für sicherheitsrelevante elektronisch geregelte Fahrzeugsysteme, insbesondere für die Bremsanlage, die Lenkanlage, die Lichtanlage, die Reifen und Räder, das Fahrwerk, sowie der Sensorik zur Erfassung externer und interner Parameter,
2.
eine Funktionsprüfung der bildaufnehmenden Einrichtungen und
3.
eine Funktionsprüfung der Audioübertragung.
(4) Der Halter hat für das ferngelenkte Kraftfahrzeug eine Hauptuntersuchung nach Maßgabe der Anlage VIII in Verbindung mit Anlage VIIIa der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung zu veranlassen. Abweichend von § 29 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage VIII Nummer 2 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung betragen die Zeitabstände für die Hauptuntersuchung sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Zulassung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs.

Fussnoten:

(+++ EU-Vollzitate: vgl. Liste EU-Rechtsakte V v. 16.7.2025 I Nr. 176 +++)

§ 15  Datenverarbeitung

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(1) Der Halter ist verpflichtet, die nach Anlage 3 erforderlichen Daten beim ferngelenkten Betrieb zu speichern.
(2) Der Halter ist verpflichtet, die Daten nach Absatz 1 auf deren Verlangen zu übermitteln an
1.
das Kraftfahrt-Bundesamt, soweit dies für dessen Aufgabenerfüllung nach den §§ 4 bis 6 erforderlich ist,
2.
die zuständige Behörde, soweit dies für deren Aufgabenerfüllung nach den §§ 7 bis 9 erforderlich ist,
3.
die nach Landesrecht für die Gefahrenabwehr, Verfolgung oder Ahndung von Verkehrsverstößen zuständigen Behörden, soweit dies für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist, und
4.
Dritte, soweit dies für deren Geltendmachung, Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit einem in § 7 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes genannten Ereignis, an dem das ferngelenkte Kraftfahrzeug beteiligt war, erforderlich ist.
(3) Der Hersteller der technischen Ausrüstung zum Fernlenken hat die Ausrüstung so auszustatten, dass die Speicherung der Daten nach Absatz 1 dem Halter möglich ist. Der Hersteller muss den Halter präzise, klar und in verständlicher Sprache über die Einstellungsmöglichkeiten zur Privatsphäre und zur Verarbeitung der Daten, die beim Betrieb eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs verarbeitet werden, informieren. Die diesbezügliche Software des ferngelenkten Kraftfahrzeugs muss Wahlmöglichkeiten zu der Art und Weise der Speicherung und zu der Übermittlung der verarbeiteten Daten vorsehen und dem Halter entsprechende Einstellungen ermöglichen. Insgesamt muss die technische Ausrüstung zum Fernlenken so gestaltet sein, dass die anfallenden Daten in einer Weise verarbeitet werden können, die den Vorgaben der Artikel 24, 25 und 32 der Datenschutz-Grundverordnung genügen.
(4) Die Stellen nach Absatz 2 Nummer 1 bis 3 und Dritte nach Absatz 2 Nummer 4 sind berechtigt, die nach Anlage 3 erforderlichen Daten beim Halter zu erheben, zu speichern, zu verwenden oder in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies zu den in Absatz 2 Nummer 1 bis 4 jeweils genannten Zwecken erforderlich ist. Die nach Anlage 3 erforderlichen Daten sind unverzüglich zu löschen, sobald sie für die Zwecke nach Absatz 2 Nummer 1 bis 4 nicht mehr erforderlich sind, spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Einstellung des ferngelenkten Betriebs des entsprechenden Kraftfahrzeugs.
(5) Das Kraftfahrt-Bundesamt ist berechtigt, die nach Anlage 3 erforderlichen nicht personenbezogenen Daten beim Halter für verkehrsbezogene Gemeinwohlzwecke, insbesondere zum Zweck der wissenschaftlichen Forschung im Bereich der Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung sowie zum Zweck der Unfallforschung im Straßenverkehr, folgenden Stellen zugänglich zu machen:
1.
Hochschulen und Universitäten,
2.
außeruniversitären Forschungseinrichtungen,
3.
Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden mit Forschungs-, Entwicklungs-, Verkehrsplanungs- oder Stadtplanungsaufgaben.
Die in Satz 1 genannten Stellen dürfen die Daten ausschließlich für die in Satz 1 genannten Zwecke verwenden.
(6) Der Halter und das Kraftfahrt-Bundesamt haben Daten nach Absatz 5 über den gesamten Zeitraum des Forschungsvorhabens sowie ab dem Tag seiner Beendigung bis zum Ablauf von zwölf Monaten zu speichern und anschließend unverzüglich zu löschen.

Fussnoten:

(+++ EU-Vollzitate: vgl. Liste EU-Rechtsakte V v. 16.7.2025 I Nr. 176 +++)

§ 16  Maßgaben zur Anwendung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung

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(1) Für die Zulassung eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Straßen in einem genehmigten Betriebsbereich ist die Fahrzeug-Zulassungsverordnung nach Maßgabe der folgenden Absätze anzuwenden.
(2) Die Zulassung eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs wird erteilt, wenn ergänzend zu den in § 3 Absatz 1 Satz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung genannten Voraussetzungen
1.
eine Betriebserlaubnis für das ferngelenkte Kraftfahrzeug nach § 4 Absatz 1 vorliegt,
2.
eine Betriebsbereichsgenehmigung nach § 7 Absatz 2 vorliegt und
3.
die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung auch die Haftpflicht der fernlenkenden Person deckt.
(3) Mit dem Antrag auf Zulassung eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs nach § 6 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung sind die Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug nach § 4 Absatz 1 und die Betriebsbereichsgenehmigung nach § 7 Absatz 2 vorzulegen. § 3 Absatz 3 und 4 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ist nicht anzuwenden.
(4) Die Zulassung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs ist auf den genehmigten Betriebsbereich zu beschränken. Diese Beschränkung ist durch Angabe der Betriebsbereichsgenehmigung, der ausstellenden Behörde und des Datums der Ausstellung in die Zulassungsbescheinigung Teil I nach § 13 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung einzutragen. Ebenso sind in die Zulassungsbescheinigung Teil I die Betriebserlaubnis für ein ferngelenktes Kraftfahrzeug nach § 4 Absatz 1 mit dem Datum der Ausstellung durch das Kraftfahrt-Bundesamt sowie weitere Angaben zu der technischen Ausrüstung zum Fernlenken einzutragen.
(5) Abweichend von § 13 Absatz 6 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung genügt es, wenn die Zulassungsbescheinigung Teil I aufbewahrt und den berechtigten Personen auf Verlangen zur Prüfung zugänglich gemacht wird.
(6) Ergänzend zu § 15 Absatz 5 Satz 4 oder zu § 16 Absatz 2 Satz 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung hat der Halter die Betriebsbereichsgenehmigung nach § 7 Absatz 2 vorzulegen.
(7) Die Verfahren nach Abschnitt 3 Unterabschnitt 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung sind nicht anzuwenden.
(8) Die Zulassungsbehörde hat der Behörde, die die Betriebsbereichsgenehmigung erteilt hat, unverzüglich jede Zulassung, Wiederzulassung, Umschreibung und Außerbetriebsetzung eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs mitzuteilen.
(9) Besteht für ein zugelassenes ferngelenktes Kraftfahrzeug keine Betriebsbereichsgenehmigung nach § 7 Absatz 2 mehr, so hat der Halter unverzüglich das ferngelenkte Kraftfahrzeug nach Maßgabe des § 16 Absatz 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, auch in Verbindung mit § 24 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, außer Betrieb setzen zu lassen.

§ 17  Ausnahmen

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Die Vorschriften dieser Verordnung gelten nicht für die Bundeswehr, die Polizei, die Bundespolizei, die Feuerwehr, die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und die anderen Einheiten und Einrichtungen des Zivil- und Katastrophenschutzes sowie der Zollverwaltung, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist.

§ 18  Ausnahmegenehmigungen nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung

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(1) Soweit § 70 Absatz 1 Nummer 2 in Verbindung mit § 19 Absatz 6 Satz 3 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung die Möglichkeit eröffnet, den Betrieb eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs auf öffentlichen Straßen zu genehmigen, bleibt diese Möglichkeit bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 durch diese Verordnung unberührt. Nach Ablauf dieser Frist ist für den Betrieb eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs diese Verordnung vorrangig maßgeblich.
(2) Außer im Fall des § 3 Absatz 1 ist der Betrieb eines ferngelenkten Kraftfahrzeugs auch dann zulässig, wenn eine Genehmigung nach § 70 Absatz 1 Nummer 2 in Verbindung mit § 19 Absatz 6 Satz 3 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vorliegt.

§ 19  Außerkrafttreten

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Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 30. November 2030 außer Kraft.

§ 20  Inkrafttreten

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Diese Verordnung tritt am 1. Dezember 2025 in Kraft.

Anlage 1  (zu § 4 Absatz 1 Nummer 1 und 4 sowie Absatz 5, § 6 Absatz 1 Nummer 1,§ 13 Absatz 1 Nummer 1 bis 3, Anlage 3)Technische Anforderungen an das Gesamtsystem zum Fernlenken

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(Fundstelle: BGBl. 2025 I Nr. 176, S. 12 - 18)
1
Technische Anforderungen und funktionale Sicherheit
1.1
Das Gesamtsystem zum Fernlenken muss die in den Nummern 2 bis 4 genannten Anforderungen erfüllen. Die sichere Funktionsweise ist gemäß ISO 26262:2018 Straßenfahrzeuge – Funktionale Sicherheit und ISO 21448:2022-01 Straßenfahrzeuge – Sicherheit der beabsichtigten Funktion in einem Sicherheitskonzept darzulegen. Insbesondere sind in dem Sicherheitskonzept Maßnahmen zur Minimierung von Risiken, die durch Latenzen in der Übertragung von Daten zwischen dem ferngelenkten Kraftfahrzeug und dem Leitstand entstehen, darzustellen. Ebenso sind die Maßnahmen zur Einhaltung der Bestimmungen der Straßenverkehrs-Ordnung darzulegen, die an die physische Anwesenheit eines Fahrzeugführers im Kraftfahrzeug anknüpfen.
1.2
Die Reparatur- und Wartungsinformationen müssen Anweisungen enthalten, wie das Gesamtsystem in einem sicheren und funktionstüchtigen Zustand zu erhalten ist.
2
Datenübertragung und Latenz
Die Datenübertragung zwischen dem ferngelenkten Kraftfahrzeug und dem Leitstand ist mit einem Fokus auf niedrige Latenzzeiten, hohe Verfügbarkeit, hohe Zuverlässigkeit, hohe Robustheit und niedrige Fehlerraten auszulegen. Es sind funktionale Redundanzen hinsichtlich der Datenübertragung vorzusehen. Es ist für eine angemessene Übertragung von Bildsignalen, Audiosignalen und Steuersignalen vom Endgerät in Richtung des Telekommunikationsnetzes und vom Telekommunikationsnetz in Richtung des Endgerätes zu sorgen.
2.1
Übertragung von Bildsignalen
2.1.1
Für die Übertragung der visuellen Darstellung der Umgebung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs ist eine bestimmte Latenzzeit einzuhalten. Diese Latenzzeit ist die Zeitspanne, die zwischen der Aufnahme des Bildes bis zur vollständigen Darstellung auf dem Ausgabebildschirm des Leitstands verstreicht. Diese Latenzzeit wird nachfolgend als Glas-zu-Glas-Latenz (tLatenzGlasZuGlas) bezeichnet.
2.1.2
Die Glas-zu-Glas-Latenz (tLatenzGlasZuGlas) darf ohne die Umsetzung zusätzlicher Maßnahmen zur Risikominimierung nach Nummer 2.6 einen Wert von 0,2 Sekunden minus den Wert für die Steuerbefehl-Latenz (Nummer 2.2) nicht überschreiten.
tLatenzGlasZuGlas ≤ 0,2 Sekunden – tLatenzSteuerbefehl
2.2
Übertragung von Steuerbefehlen
2.2.1
Für die Übertragung von Steuerbefehlen vom Leitstand zum ferngelenkten Kraftfahrzeug ist eine bestimmte Latenzzeit einzuhalten. Diese Latenzzeit ist die Zeitspanne, die zwischen der Signalausgabe eines Steuerelements am Leitstand bis zum Eingang des entsprechenden Steuerbefehls an den angesteuerten Aktuatoren im ferngelenkten Kraftfahrzeug verstreicht. Diese Latenzzeit wird nachfolgend als Steuerbefehl-Latenz (tLatenzSteuerbefehl) bezeichnet.
2.2.2
Die Steuerbefehl-Latenz (tLatenzSteuerbefehl) darf ohne die Umsetzung zusätzlicher Maßnahmen zur Risikominimierung nach Nummer 2.6 einen Wert von 0,2 Sekunden minus den Wert für die Glas-zu-Glas-Latenz (tLatenzGlasZuGlas) nicht überschreiten.
tLatenzSteuerbefehl ≤ 0,2 Sekunden – tLatenzGlasZuGlas
2.3
Übertragung von Audiosignalen
2.3.1
Für die Übertragung von Geräuschen aus der Umgebung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs ist eine bestimmte Latenzzeit einzuhalten. Diese Latenzzeit ist die Zeitspanne, die zwischen dem Ansprechen des Aufnahmesensors des Geräusches im ferngelenkten Kraftfahrzeug bis zur Ausgabe aus dem Ausgabeaktuator im Leitstand verstreicht. Diese Latenzzeit wird nachfolgend als Audio-Latenz (tLatenzAudio) bezeichnet.
2.3.2
Die Audio-Latenz (tLatenzAudio) darf den Wert der Glas-zu-Glas-Latenz (tLatenzGlasZuGlas) nicht überschreiten.
tLatenzAudio ≤ tLatenzGlasZuGlas
2.4
Übertragung von Systemsignalen
2.4.1
Für die Übertragung von Systemsignalen vom ferngelenkten Kraftfahrzeug zum Leitstand und vom Leitstand zum ferngelenkten Kraftfahrzeug ist eine bestimmte Latenzzeit einzuhalten. Diese Latenzzeit ist die Zeitspanne, die zwischen der Ausgabe der Signaldaten durch die Leitstandsysteme oder Kraftfahrzeugsysteme bis zum vollständigen Empfang der Signaldaten durch die Kraftfahrzeugsysteme oder Leitstandsysteme verstreicht. Diese Latenz wird nachfolgend als Signal-Latenz (tLatenzSignal) bezeichnet.
2.4.2
Für Signale, die die fernlenkende Person direkt in der Ausführung der dynamischen Fahraufgabe unterstützen, darf der Wert der Signal-Latenz (tLatenzSignal) 0,2 Sekunden nicht überschreiten.
tLatenzSignal ≤ 0,2 Sekunden
2.4.3
Signale, die die fernlenkende Person direkt in der Ausführung der dynamischen Fahraufgabe unterstützen, umfassen Warnungen durch Fahrerassistenzsysteme und andere für die sichere Ausführung der dynamischen Fahraufgabe relevante Signale und Warnungen, insbesondere Warnungen bezüglich des Bremssystems oder Hinweise auf Bodenfrostgefahr.
2.5
Allgemeine Maßnahmen zur Risikominimierung
Der Halter muss Maßnahmen ergreifen, um die fernlenkende Person in der Minimierung der durch Latenzen in der Datenübertragung entstehenden Sicherheitsrisiken zu unterstützen. Der fernlenkenden Person müssen mindestens die folgenden Informationen am Leitstand angezeigt werden:
a)
der Anhalteweg, als Summe des abgeschätzten Reaktionswegs, des abgeschätzten Bremswegs und des durch die Summe aus der Steuerbefehl-Latenz und der Glas-to-Glas-Latenz entstehenden Fahrtverzugs,
b)
die Fahrspur und die Trajektorie des ferngelenkten Kraftfahrzeugs,
c)
die aktuell gemessene Summe aus Glas-zu-Glas-Latenz und Steuerbefehl-Latenz.
Die Anzeige der Summe aus Glas-zu-Glas-Latenz und Steuerbefehl-Latenz kann als abgeschätzte graphische Positions- bzw. Wegedarstellung in dem Monitorbild am Leitstand erfolgen.
2.6
Besondere Maßnahmen zur Risikominimierung bei hoher Latenz
Der Halter muss mindestens folgende Maßnahmen ergreifen, um die fernlenkende Person in der Minimierung der durch hohe Latenzen in der Datenübertragung entstehenden Sicherheitsrisiken zu unterstützen.
2.6.1
Bei hoher Latenz ist eine angepasste Geschwindigkeit zu errechnen und anzuzeigen. Die angepasste Geschwindigkeit ist die zulässige relative Höchstgeschwindigkeit. Die fernlenkende Person muss die angepasste Geschwindigkeit unter Berücksichtigung der konkreten Verkehrsumstände verkehrssicher erreichen.
2.6.2
Überschreitet die Summe aus Glas-zu-Glas-Latenz und Steuerbefehl-Latenz den Wert 0,2 Sekunden, ist der bei der Überschreitung aktuelle Fahrtverzug zu errechnen. Der Fahrtverzug berechnet sich als die Strecke, die das ferngelenkte Kraftfahrzeug während der Zeitspanne, die sich aus der Summe aus Glas-zu-Glas-Latenz und Steuerbefehl-Latenz ergibt, zurücklegt.
2.6.3
Die angepasste Geschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, die bei der aktuellen, erhöhten Summe aus Glas-zu-Glas-Latenz und Steuerbefehl-Latenz zum gleichen Fahrtverzug wie bei einer Summe aus Glas-zu-Glas-Latenz und Steuerbefehl-Latenz von 0,2 Sekunden führt.
2.6.4
Beispiel zur Berechnung: Es errechnen sich folgende angepasste Geschwindigkeiten bei einer Überschreitung des Wertes von 0,2 Sekunden für die Summe aus Glas-zu-Glas-Latenz und Steuerbefehl-Latenz um 0,05 Sekunden:
Geschwindigkeit bei
Überschreitung in km/h
Berechneter Fahrtverzug
bei Latenz von 0,2 Sekunden in m
Resultierende angepasste Geschwindigkeit
bei Latenz von 0,25 Sekunden in km/h
10 0,56  8
30 1,67 24
50 2,78 40
70 3,89 56
80 4,44 64
2.6.5
Die fernlenkende Person muss über ein visuelles, akustisches oder haptisches Signal am Leitstand darauf hingewiesen werden, dass die Summe aus Glas-zu-Glas-Latenz und Steuerbefehl-Latenz den Wert 0,2 Sekunden überschritten hat.
2.6.6
Mit dem Erreichen der angepassten Geschwindigkeit erfolgt bei fortdauernder Überschreitung der Summe aus Glas-zu-Glas-Latenz und Steuerbefehl-Latenz von 0,2 Sekunden eine erneute Berechnung einer angepassten Geschwindigkeit unter Zugrundelegung der für die bereits angepasste Geschwindigkeit geltenden Fahrtverzuges von 0,2 Sekunden.
3
Weitere Anforderungen an das Gesamtsystem zum Fernlenken
Folgende weitere Anforderungen muss das Gesamtsystem zum Fernlenken erfüllen.
3.1
Allgemeine Sicherheit des Gesamtsystems zum Fernlenken
Das Gesamtsystem zum Fernlenken muss die Sicherheitsanforderungen nach den Buchstaben a bis e erfüllen.
a)
Das Gesamtsystem muss es der fernlenkenden Person ermöglichen, die entsprechenden Verkehrsvorschriften für die Fahrzeugführung einzuhalten.
b)
Alle Komponenten, deren Ausfall sich direkt auf die sichere Steuerung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs auswirkt, sind so auszulegen, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit dieser Komponenten minimiert und die Verfügbarkeit dieser Komponenten maximiert wird.
c)
Im Stillstand hat das ferngelenkte Kraftfahrzeug selbstständig eine vollständige Diagnose der Systeme, die für die dynamische Fahraufgabe benötigt werden, durchzuführen.
d)
Bei einem Funktionsausfall von Kraftfahrzeugkomponenten oder im Fall einer reduzierten Verfügbarkeit der durch die Kraftfahrzeugkomponenten erzeugten Daten ist dies umgehend der fernlenkenden Person mitzuteilen oder das ferngelenkte Kraftfahrzeug unverzüglich in den risikominimalen Zustand zu versetzen.
e)
Im deaktivierten Zustand darf die technische Ausrüstung zum Fernlenken keinen Einfluss auf die Steuerung des Kraftfahrzeugs haben. Ist für den Betrieb des Kraftfahrzeugs vorgesehen, dass eine Person im Kraftfahrzeug die Führung des Kraftfahrzeugs durch Betätigung der Hand- und Fußbedienelemente am Kraftfahrzeugführerplatz übernehmen kann, so hat die Betätigung der Hand- und Fußbedienelemente am Kraftfahrzeugführerplatz die technische Ausrüstung zum Fernlenken zu deaktivieren.
3.2
Anforderungen an Beginn, Durchführung und Beendigung des Fernlenkens
3.2.1
Das Fernlenken durch die fernlenkende Person darf nur beginnen, wenn die Anforderungen nach den Buchstaben a bis g erfüllt sind.
a)
Eine Diagnose des Gesamtsystems ist ohne sicherheitsrelevante Fehlermeldungen abgeschlossen und die technische Ausrüstung ist aktiv und funktioniert fehlerfrei.
b)
Die erforderlichen Datenverbindungen sind nachweislich vorhanden und funktionieren fehlerfrei. Die Systeme zur Datenverarbeitung nach Anlage 3 sind betriebsbereit.
c)
Das ferngelenkte Kraftfahrzeug befindet sich nachweislich im genehmigten Betriebsbereich oder auf einem privaten Betriebsgelände.
d)
Die zum Fernlenken erforderlichen Systeme am Leitstand sind aktiv und funktionieren fehlerfrei.
e)
Die fernlenkende Person ist erfolgreich authentifiziert und am Gesamtsystem angemeldet.
f)
Die fernlenkende Person bestätigt vor Übernahme der dynamischen Fahraufgabe ihre Einsatzbereitschaft.
g)
Die zur Feststellung der Fahrtüchtigkeit erforderlichen Systeme des Leitstandes stellen die Fahrtüchtigkeit der fernlenkenden Person fest.
3.2.2
Während des Fernlenkens müssen die Anforderungen der Buchstaben a bis d erfüllt sein.
a)
Der Beginn des Fernlenkens muss für Fahrzeuginsassen des ferngelenkten Kraftfahrzeugs eindeutig durch ein visuelles und akustisches Signal erkennbar sein. Befindet sich keine Person in dem Kraftfahrzeug, entfällt diese Anforderung.
b)
Das Fernlenken muss Fahrzeuginsassen dauerhaft angezeigt werden. Befindet sich keine Person in dem Kraftfahrzeug, entfällt diese Anforderung.
c)
Ein Informationssystem für Fahrzeuginsassen muss aktiviert sein, um diesen Personen Informationen zur Verfügung stellen zu können, wie zum Beispiel über eine Panne, einen Ausfall der technischen Ausrüstung zum Fernlenken oder das Verhalten im Notfall. Befindet sich keine Person in dem Kraftfahrzeug, entfällt diese Anforderung.
d)
Die Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs muss auf 80 km/h begrenzt sein.
3.2.3
Bei der geplanten Beendigung des Fernlenkens müssen die Anforderungen der Buchstaben a und b erfüllt sein.
a)
Die Beendigung des Fernlenkens muss für Fahrzeuginsassen eindeutig durch ein akustisches Signal erkennbar sein. Befindet sich keine Person im Kraftfahrzeug, entfällt diese Anforderung.
b)
Die dauerhafte Beendigung des Fernlenkens muss für Fahrzeuginsassen dauerhaft erkennbar sein. Befindet sich keine Person im Kraftfahrzeug, entfällt diese Anforderung.
3.3
Automatisierte Rückfallebene und risikominimaler Zustand
3.3.1
Das ferngelenkte Kraftfahrzeug muss Folgendes selbstständig erkennen:
a)
den Abbruch einer zum Fernlenken zwingend benötigten Datenverbindung,
b)
jeden Ausfall von für die dynamische Fahraufgabe relevanten Systemen oder Funktionen und
c)
das Erreichen der Grenzen des vorgesehenen Betriebsbereichs.
3.3.2
Erkennt das ferngelenkte Kraftfahrzeug eines der in Nummer 3.3.1 Buchstabe a und b genannten Ereignisse, muss es in der Lage sein, selbstständig und ohne andere Verkehrsteilnehmende zu gefährden, einen risikominimalen Zustand zu erreichen. Erkennt das Kraftfahrzeug ein in Nummer 3.3.1 Buchstabe c genanntes Ereignis, muss es in der Lage sein, einen solchen Zustand entweder selbstständig oder durch die fernlenkende Person zu erreichen.
3.3.3
Erfolgt die Versetzung in den risikominimalen Zustand durch die technische Ausrüstung zum Fernlenken, kann dies mittels Fahrfunktionen erfolgen, deren Automatisierungsgrade unterhalb der Anforderungen des § 1a Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes liegen.
3.3.4
Das Erreichen des risikominimalen Zustandes ist der fernlenkenden Person anzuzeigen, sofern die dafür notwendigen Datenverbindungen dies ermöglichen.
3.3.5
Nach Erreichen des risikominimalen Zustandes ist die Wiederaufnahme des Fernlenkens erst dann zulässig, wenn die auslösende Bedingung des risikominimalen Zustandes identifiziert und abgestellt wurde. Ist für den Betrieb des ferngelenkten Kraftfahrzeugs vorgesehen, dass eine Person im Kraftfahrzeug die Führung des Kraftfahrzeugs durch Betätigung der Hand- und Fußbedienelemente am Kraftfahrzeugführerplatz übernehmen kann, so hat die Betätigung der Hand- und Fußbedienelemente am Kraftfahrzeugführerplatz die technische Ausrüstung zum Fernlenken zu deaktivieren.
3.3.6
Das Kraftfahrzeug kann den risikominimalen Zustand verlassen, indem die Fahraufgabe im Kraftfahrzeug übernommen wird.
3.4
Notbremsassistenzsystem
Das ferngelenkte Kraftfahrzeug muss mit einem Notbremsassistenzsystem ausgerüstet sein. Das Notbremsassistenzsystem ist nicht funktional identisch mit dem System zur Herbeiführung eines risikominimalen Zustands auszuführen. Das Notbremsassistenzsystem muss entsprechend der Anforderungen in den zur Typgenehmigung solcher Systeme anzuwendenden Regelungen in der jeweiligen Fassung entsprechend dem Übereinkommen vom 20. März 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung (BGBl. 1965 II S. 857, 858), soweit diese von der Bundesrepublik Deutschland angewendet werden, ausgeführt sein. Ist das Notbremsassistenzsystem nicht entsprechend vorstehender Regelungen ausgeführt, so muss der Halter bei der Beantragung der Betriebserlaubnis für das ferngelenkte Kraftfahrzeug nachweisen, dass das Notbremsassistenzsystem gleichwertige Anforderungen erfüllt. Der Halter kann einen amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr oder einen Technischen Dienst mit Gesamtfahrzeugbefugnissen der jeweiligen Fahrzeugklasse beauftragen, die Gleichwertigkeit schriftlich zu bestätigen.
3.5
Spurhalteassistenzsystem
Wird das ferngelenkte Kraftfahrzeug auf Bundesautobahnen betrieben, muss es mit einem Spurhalteassistenzsystem ausgerüstet sein. Das Spurhalteassistenzsystem ist nicht funktional identisch mit dem System zur Herbeiführung eines risikominimalen Zustands auszuführen. Das Spurhalteassistenzsystem muss entsprechend der Regelungen in der jeweiligen Fassung entsprechend dem Übereinkommen vom 20. März 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung (BGBl. 1965 II S. 857, 858), soweit diese von der Bundesrepublik Deutschland angewendet werden, ausgeführt sein.
3.6
Not-Aus-Schalter für Fahrzeuginsassen
Für Fahrzeuginsassen muss es möglich sein, die ferngelenkte Fahrt in einer Gefahrensituation über einen Not-Aus-Schalter zu beenden. Bei Betätigung des Not-Aus-Schalters muss sich das ferngelenkte Kraftfahrzeug selbstständig in den risikominimalen Zustand bringen. Der Not-Aus-Schalter ist vor unbeabsichtigter Betätigung zu schützen.
3.7
Not-Aus-Schalter für die fernlenkende Person
Für die fernlenkende Person muss es möglich sein, die Fernlenkung in einer Gefahrensituation über einen Not-Aus-Schalter zu beenden. Bei Betätigung des Not-Aus-Schalters durch die fernlenkende Person muss sich das ferngelenkte Kraftfahrzeug in den risikominimalen Zustand versetzen.
3.8
Kraftfahrzeugführerplatz
Ist vorgesehen, dass während des Fernlenkens Personen mit dem Kraftfahrzeug befördert werden, so ist ein Eingriff in die Fernlenkung aus dem Kraftfahrzeug heraus durch Betätigung der Hand- und Fußbedienelemente zu verhindern. Dies ist nicht zwingend vorzusehen, wenn für den Betrieb des Kraftfahrzeugs vorgesehen ist, dass eine Person im Kraftfahrzeug die Führung des Kraftfahrzeugs durch Betätigung der Hand- und Fußbedienelemente am Kraftfahrzeugführerplatz übernehmen kann.
3.9
Kennzeichnung des Kraftfahrzeugs und Notfallkontakt
Auf der seitlichen Fahrzeugscheibe neben dem Sitz des Fahrzeugführers muss klar erkenntlich der Hinweis „Ferngelenktes Kraftfahrzeug“ angebracht sein. Der Hinweis muss in schwarzer Schrift mit Buchstaben, die nicht kleiner als 3 cm sind, auf weißem Grund geschrieben sein. Um die Kontaktaufnahme mit der fernlenkenden Person bei blockierten Außentüren zu ermöglichen, muss unter dem Hinweis eine Notfall-Telefonnummer angegeben sein. Die Telefonnummer muss in schwarzer Schrift mit Buchstaben, die nicht kleiner als 1 cm sind, auf weißem Grund geschrieben sein.
3.10
Informationssicherheit
Das Konzept zur Sicherheit im Bereich der Informationstechnologie muss alle für den Betrieb der ferngelenkten Fahrfunktion notwendigen technischen, organisatorischen, personellen und infrastrukturellen Komponenten umfassen.
3.11
Funkverbindungen
3.11.1
Der Halter hat für das Fernlenken ausreichend stabile Funkverbindungen vorzusehen. Hierzu muss die technische Ausrüstung Einflüsse auf die Funkverbindungen, die außerhalb der Kontrolle des Halters liegen, nach dem Stand der Technik, beispielsweise durch Redundanzen, berücksichtigen. Ein für das Fernlenken kritischer Abbruch der Funkverbindungen oder ein unerlaubter Zugriff auf diese Funkverbindungen hat die Versetzung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs in den risikominimalen Zustand auszulösen. Die Funkverbindungen sind so auszuführen, dass eine Minimierung des Risikos des unerlaubten Zugriffs auf die Funkverbindungen nach dem Stand der Technik gegeben ist.
3.11.2
Die Grundlage zur Absicherung der Funkverbindungen bildet eine Public-Key-Infrastruktur, welche nach den Anforderungen der Technischen Richtlinie TR-03145-1, herausgegeben vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik im März 2017 und auf der Internetseite des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik veröffentlicht, zu auditieren und zertifizieren ist. Die elektronischen Zertifikate sind von einer Zertifikatsstelle auszustellen und zu verteilen. Die Zertifikatsstelle hat die Anforderungen der Technischen Richtlinie TR-03145-1 des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik zu genügen. Die Prüfung der elektronischen Zertifikate ist durch die ausgebende Stelle durchzuführen.
3.11.3
Der Aufbau der Funkverbindung und die Datenübertragung sind mit der Nutzung offener Standards nach dem Stand der Technik zu sichern und zu verschlüsseln. Das Erfordernis des Stands der Technik gilt beispielsweise bei einer Verschlüsselung mit TLS 1.3, wie in der Technischen Richtlinie TR-02102-2 Kryptographische Verfahren: Empfehlungen und Schlüssellängen, die auf der Internetseite des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik veröffentlicht ist, als erfüllt. Die elektronischen Sicherheitszertifikate sind für die gegenseitige Authentisierung der technischen Ausrüstung innerhalb des Kraftfahrzeugs und des Leitstandes vorzusehen.
3.11.4
Hinsichtlich der Cybersicherheit des Kraftfahrzeugs selbst ist grundsätzlicher Schutz vor Cyberangriffen nach dem Stand der Technik umzusetzen. Insbesondere müssen die Schlüsselspeicher der Kraftfahrzeuge ein adäquates Schutzniveau nach dem Stand der Technik aufweisen. Dies soll durch eine Schwachstellenanalyse in geeigneter Prüftiefe durch ein Zertifikat der Erfüllung der Anforderungen der Common Criteria (CC) nach ISO/IEC 15408: 2022, Ausgabe August 2022 durch die ISO und die bei der Beuth-Verlag GmbH, Berlin, zu beziehen und bei der Deutschen Nationalbibliothek archivmäßig gesichert niedergelegt ist, nachgewiesen werden. Darüber hinaus sollten die Vertrauensanker sicher im Schlüsselspeicher eingebracht werden, damit die Prüfung der eingesetzten Zertifikatskette auf sichere Weise erfolgen kann.
4
Anforderungen an den Leitstand
Der Leitstand hat der fernlenkenden Person die Steuerung des Kraftfahrzeugs aus der Ferne zu ermöglichen. Der Leitstand muss die Anforderungen der Buchstaben a bis d erfüllen.
a)
Der Leitstand stellt der fernlenkenden Person die zur Ausführung der dynamischen Fahraufgabe notwendigen Informationen bereit.
b)
Der Leitstand ermöglicht der fernlenkenden Person die Steuerung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs mittels geeigneter Hand- und Fußbedienelemente nach Nummer 4.8.
c)
Der Leitstand unterstützt die fernlenkende Person in der konzentrierten und sicheren Ausführung ihrer Aufgaben.
d)
Der Leitstand ist während der Fernlenkung von Kraftfahrzeugen ortsfest.
4.1
Authentisierung der fernlenkenden Person
Vor Beginn des Fernlenkens hat sich die fernlenkende Person am Leitstand mit einem persönlichen Schlüssel anzumelden und zu authentisieren. Der persönliche Schlüssel der fernlenkenden Person ist durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugten Zugriff zu schützen.
4.2
Automatische Leitstandüberwachung
4.2.1
Der Leitstand ist mit einer Einrichtung zu versehen, welche die Fahrtüchtigkeit der fernlenkenden Person fortwährend überprüft. Die Fahrtüchtigkeit der fernlenkenden Person ist festgestellt, wenn
a)
die fernlenkende Person im für die Ausführung der Steuerung vorgesehenen Platz des Leitstandes anwesend und aufmerksam ist und
b)
vor Beginn der Arbeitszeit durch einen Test der Atemalkoholkonzentration der fernlenkenden Person festgestellt wurde, dass die Person nicht unter Einfluss von Alkohol steht.
4.2.2
Wird die Anwesenheit der fernlenkenden Person nicht festgestellt, muss sich das ferngelenkte Kraftfahrzeug in den risikominimalen Zustand versetzen. Wird die Aufmerksamkeit der fernlenkenden Person nicht festgestellt, ist die fernlenkende Person zunächst durch geeignete Maßnahmen, insbesondere Signale, zu warnen. Reagiert die fernlenkende Person nicht auf diese Maßnahmen, muss sich das ferngelenkte Kraftfahrzeug in den risikominimalen Zustand versetzen.
4.2.3
Die Feststellung der Aufmerksamkeit ist entsprechend den Anforderungen an ein Warnsystem bei Müdigkeit und nachlassender Aufmerksamkeit des Fahrers nach der Verordnung (EU) 2019/2144 auszuführen.
4.3
Anforderungen an die bildliche Darstellung der Umgebung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs
4.3.1
Die Umgebung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs muss mittels geeigneter Bildschirme am Leitstand visuell dargestellt werden. Videobrillen mit Bewegungserfassung dürfen genutzt werden. Die Auswirkungen möglicher Darstellungsfehler auf die sichere Fernlenkung des Kraftfahrzeugs durch die fernlenkende Person müssen nach dem Stand der Technik minimiert sein.
4.3.2
Die Darstellung der Umgebung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs in der Ego-Perspektive erfolgt durch Sichtbereiche, die den in den Nummern 4.4 bis 4.6 aufgeführten Anforderungen entsprechen. Die Darstellung der Umgebung muss auch bei Dunkelheit und schlechter Sicht eine eindeutige Klassifikation sowohl von unbewegten als auch von bewegten Objekten und deren Trajektorien in einer für die dynamische Fahraufgabe angemessenen Entfernung ermöglichen.
4.4
Direkte Sicht nach vorn
4.4.1
Für Kraftfahrzeuge der Klassen M1 und N1 ist während Vorwärtsfahrten in gerader Fahrtrichtung nach vorn mindestens ein Sichtfeld mit den Winkelmaßen 210 Grad horizontal und 40 Grad vertikal darzustellen. Der Halter hat das dreidimensionale Koordinatensystem nach Nummer 2.3. und die V-Punkte nach Nummer 2.8. der UN-Regelung Nr. 125 der UN-Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) – Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich des Sichtfeldes des Kraftfahrzeugführers nach vorn (ABl. L 20 vom 25.1.2018, S. 16) festzulegen. Der dargestellte Sichtkanal darf von dem in Nummer 5.1 der UN-Regelung Nr. 125 definierten Sichtfeld des Kraftfahrzeugführers abweichen. Der Sichtkanal ist von einem D-Punkt auf der arithmetischen Mitte einer zwischen den beiden V-Punkten liegenden Linie aus zu bemessen. Von diesem D-Punkt aus ist der Sichtkanal in gerader Fahrtrichtung nach vorne aus zu öffnen. Von einer parallel zur horizontalen Ebene X-Y liegenden Ebene öffnet sich der Sichtkanal um jeweils mindestens 20 Grad in positiver und in negativer Z-Richtung. Von einer parallel zur vertikalen Ebene X-Z liegenden Ebene öffnet sich der Sichtkanal um jeweils mindestens 105 Grad in positiver und in negativer Y-Richtung.
4.4.2
Von der Mitte der V-Punkte ausgehend darf die Y-Koordinate des D-Punktes auf die vertikale Ebene X-Z des ferngelenkten Kraftfahrzeugs zentriert werden. Die Z-Koordinate des D-Punktes darf in positiver Z-Richtung verschoben werden. Die X-Koordinate des D-Punktes darf in negativer X-Richtung bis zur Windschutzscheibe verschoben werden. Wird die Z- oder X-Koordinate verschoben, muss der vertikale Winkel der Darstellung in negativer Z-Richtung so angepasst werden, dass der Sichtkanal vor dem ferngelenkten Kraftfahrzeug auf der Fahrbahn mindestens in der Entfernung zum Kraftfahrzeug beginnt, die ohne Verschiebung erreicht wird. Der vertikale Winkel in positiver Z-Richtung muss in diesem Fall weiterhin mindestens 20 Grad betragen.
4.4.3
In dem dargestellten Sichtkanal darf es nur Verdeckungen geben, die von A-Säulen, Trennleisten von festen oder beweglichen Ausstellfenstern und Seitenfenstern, außen angebrachten Rundfunkantennen, Einrichtungen für die indirekte Sicht, die das gesetzlich vorgeschriebene indirekte Sichtfeld abdecken, und Scheibenwischern verursacht werden.
4.4.4
Ferngelenkte Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2 und N3 müssen mit Anfahrinformationssystemen ausgestattet sein. Diese Anfahrinformationssysteme müssen die Anforderungen nach UN-Regelung Nr. 159 – Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich des Anfahrinformationssystems zur Erkennung von Fußgängern und Fahrradfahrern (ABl. L 184 vom 25.5.2021, S. 62) erfüllen. Im Antrag auf Erteilung der Betriebserlaubnis für das ferngelenkte Kraftfahrzeug ist nachzuweisen, dass der dargestellte Sichtkanal der fernlenkenden Person die sichere Steuerung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs ermöglicht.
4.5
Rückwärtige Sicht
Für Rückwärtsfahrten ist ein Sichtfeld darzustellen, das den in Nummer 15.2. der UN-Regelung Nr. 158 – Einheitliche Vorschriften für die Genehmigung von Einrichtungen zum Rückwärtsfahren und von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Wahrnehmung ungeschützter Verkehrsteilnehmer hinter dem Kraftfahrzeug durch den Kraftfahrzeugführer (ABl. L 184 vom 25.5.2021, S. 20) genannten Anforderungen entspricht.
4.6
Indirekte Sicht
4.6.1
Die Darstellung der Sichtfelder der indirekten Sicht muss die Darstellung der direkten Sicht nach vorn oder der rückwärtigen Sicht ergänzen.
4.6.2
Die Darstellung der Sichtfelder muss die Anforderungen nach UN-Regelung Nr. 46 der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) – Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Einrichtungen für indirekte Sicht und von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Anbringung solcher Einrichtungen (ABl. L 237 vom 8.8.2014, S. 24), erfüllen. Abweichend von der Vorschrift der UN-Regelung, diese Sichtfelder durch den Einsatz von Spiegeln zu erzeugen, müssen die Sichtfelder nicht durch den Einsatz von Spiegeln erzeugt werden. Die Zuordnung der erforderlichen Sichtfelder entsprechend Nummer 15.2.1.1.1 UN-Regelung Nr. 46 zur Kraftfahrzeugklasse des ferngelenkten Kraftfahrzeugs bleibt bestehen. Die zur Bemessung der Sichtfelder nötigen Augenpunkte des Fahrers dürfen in normaler Fahrtrichtung vorwärts und parallel zur Kraftfahrzeugachse in Längsrichtung bis zum vordersten Punkt des Kraftfahrzeugs auf der Kraftfahrzeugachse verschoben werden.
4.7
Darstellung der Abmessungen des ferngelenkten Kraftfahrzeugs
Sollten die äußeren Kraftfahrzeugmaße in der Darstellung der direkten Sicht nach vorn nicht klar zu erkennen sein, müssen die äußeren Kraftfahrzeugmaße in der Darstellung der direkten Sicht nach vorn sinnbildlich dargestellt werden.
4.8
Anforderungen an die Anzeigen, akustischen Signale und Bedienelemente des Leitstandes
Die Anzeigen, die akustischen Signale sowie die Handbedien- und Fußbedienelemente des Leitstandes müssen die Anforderungen der Vorschriften erfüllen, die für dasjenige Kraftfahrzeug gelten, von dem das ferngelenkte Kraftfahrzeug abgeleitet ist. Die Bedienelemente sind so zu realisieren, dass die haptische Wahrnehmung der fernlenkenden Person unterstützt wird, insbesondere bezüglich der Wahrnehmung von Bremsdruck und von Lenkwiderständen.
4.9
Anforderungen an die Audiowiedergabe
Um der fernlenkenden Person eine ganzheitliche Wahrnehmung der Umgebung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs zu vermitteln, muss der Leitstand Geräusche aus der Umgebung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs am Kraftfahrzeugführerplatz wiedergeben. Die Geräusche sind in einer Form wiederzugeben, die die räumliche Wahrnehmung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs in dessen Umgebung unterstützt. Die Wiedergabe darf nicht abschaltbar sein.

Fussnoten:

(+++ EU-Vollzitate: vgl. Liste EU-Rechtsakte V v. 16.7.2025 I Nr. 176 +++)

Anlage 2  (zu § 7 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, § 8 Absatz 2 Nummer 1, § 9 Absatz 2)Voraussetzungen für die Erteilung der Betriebsbereichsgenehmigung

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(Fundstelle: BGBl. 2025 I Nr. 176, S. 19 - 20)
1
Antragsdokumente für die Betriebsbereichsgenehmigung
1.1
Die vom Halter einzureichenden Unterlagen für den Antrag auf die Betriebsbereichsgenehmigung müssen in geeigneter digitaler Form nach Vorgabe der zuständigen Behörde vorliegen.
1.2
Die vom Halter einzureichenden Unterlagen für den Antrag auf die Betriebsbereichsgenehmigung müssen konkrete Beschreibungen des Betriebszwecks und der Betriebsbedingungen des ferngelenkten Kraftfahrzeugs enthalten.
1.3
Die vom Halter einzureichenden Unterlagen für den Antrag auf die Betriebsbereichsgenehmigung müssen eine eindeutige Kennzeichnung der zum Betriebsbereich gehörenden Straßenabschnitte (z. B. Koordinatensystem ETRS 89/UTM) enthalten. Diese Kennzeichnung ist in geordneten Planunterlagen darzustellen. Die Planunterlagen sind in einem sinnvollen Maßstab auszuführen sowie mit einem einheitlichen Plankopf und einer Legende auszustatten.
1.4
Insbesondere müssen die vom Halter einzureichenden Unterlagen für den Antrag auf die Betriebsbereichsgenehmigung folgende Informationen zum Betriebsbereich enthalten:
a)
Fahrbahngeometrie,
b)
Geschwindigkeitsbeschränkungen,
c)
Topografie,
d)
Einrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs,
e)
schutzwürdige Einrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten, Spielplätze, hochfrequentierte Schulwege, allgemeinbildende Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheime, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen oder Krankenhäuser,
f)
Gefahrstellen,
g)
Bahnübergänge,
h)
digitale Kommunikationseinrichtungen der Infrastruktur,
i)
Verwaltungsgrenzen auf Gemeindeebene (flurstückscharf),
j)
zu befahrende Richtungen,
k)
Verbindungsrampen,
l)
Netzabdeckung mit verfügbarer Bandbreite bei Nutzung von Mobilfunk und
m)
Erläuterungen zum Verfahren der Ermittlung der Netzabdeckung.
2
Eignung des Betriebsbereichs
2.1
Der Betriebsbereich für das ferngelenkte Kraftfahrzeug ist geeignet, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass
a)
die Fahraufgabe im Betriebsbereich ferngelenkt bewältigt werden kann,
b)
durch das Fernlenken des Kraftfahrzeugs in diesem Betriebsbereich weder die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs beeinträchtigt noch Leib und Leben von Personen über das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung durch den für den beantragten Betriebsbereich ortsüblichen Straßenverkehr hinaus erheblich gefährdet werden und
c)
sonstige öffentliche Belange, etwa Belange des Immissionsschutzes, der Genehmigung nicht entgegenstehen.
2.2
Zur Feststellung der Geeignetheit des Betriebsbereichs sind insbesondere die Eigenschaften des Gesamtsystems zum Fernlenken mit den im Betriebsbereich tatsächlich auftretenden oder möglichen Anforderungen abzugleichen. Ebenso ist zu prüfen, inwieweit statistisch bekannte besondere Witterungserscheinungen, insbesondere Nebel, Schneeverwehungen und Sandstürme, die Anforderungen des Betriebsbereichs beeinflussen.
2.3
Zur Feststellung der Geeignetheit des Betriebsbereichs können Realfahrten mit dem ferngelenkten Kraftfahrzeug im Betriebsbereich durchgeführt werden, bei denen Abschnitte des Betriebsbereichs bedarfsgerecht bei unterschiedlichen Umfeldbedingungen, insbesondere Tageszeit, Witterung und Verkehrsstärke, befahren werden. Fahrtests im dichten Verkehr können bei diesen konkreten Gegebenheiten außerdem die Interaktion während der ferngelenkten Fahrt mit anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere Passanten oder anderen Fahrzeugführern, aufzeigen.
2.4
In aufgrund der Funkabdeckung als kritisch einzuschätzenden Bereichen, insbesondere in Tunnelabschnitten oder engen Häuserschluchten, ist zu prüfen, ob diese Bereiche zur ferngelenkten Fahrt geeignet sind. Ebenso ist zu überprüfen, wie das Gesamtsystem zum Fernlenken reagiert, wenn die Grenze des Betriebsbereichs überschritten wird. Die Umsetzung des risikominimalen Zustands ist unter realen Bedingungen im Betriebsbereich zu überprüfen.
3
Möglichkeit zur Anpassung des Antrags auf Erteilung einer Betriebsbereichsgenehmigung
Wenn die zuständige Behörde feststellt, dass die Fahraufgabe im Betriebsbereich nicht bewältigt werden kann, gibt die zuständige Behörde dem Halter die Möglichkeit, seinen Antrag auf Erteilung einer Betriebsbereichsgenehmigung anzupassen.

Anlage 3  (zu § 15 Absatz 1, 4 und 5, Anlage 1)Anforderungen an die Datenverarbeitung

Norm in neuem Fenster öffnen
(Fundstelle: BGBl. 2025 I Nr. 176, S. 21 - 22)
1
Datensätze und Datenformate
Die folgende Tabelle legt die erforderlichen Datensätze und Datenformate fest. Die zeitliche Auflösung der gespeicherten Daten richtet sich grundsätzlich nach der im System des ferngelenkten Kraftfahrzeugs oder des Leitstandes verfügbaren Auflösung der Daten. Die zeitliche Auflösung der gespeicherten Daten muss hoch genug sein, um eine Analyse der Ereignisse zu ermöglichen. Besondere Anforderungen an die zeitliche Auflösung sind der Spalte 3 der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.
Lfd.
Nummer
Spalte 1:
Daten
Spalte 2:
Datenformat
Spalte 3:
Zeitliche Auflösung
1. Fahrzeugidentifizierungsnummer Alphanumerische Zeichen
[A–Z; 0–9]
Beispiel: AAAAAA654398GFRDE
Zu Beginn einer Speicherung und bei Änderungen
2. Positionsdaten Breiten- und Längengrad
[±ddd.ddddd°,
Angabe in ±Graden (°) und Dezimalgraden, 5 Nachkommastellen]
Höhenangaben in Metern
Ausgabe im Globalen Positionsbestimmungssystem – Austauschformat als Abfolge von Punkten, in denen eine Änderung der Fortbewegungsrichtung erfolgte; Angabe des (Karten-)Bezugssystems
Systemauflösung
3. Datum und Zeit des Beginns/Endes des Fernlenkens, fortlaufende Nummerierung der ferngelenkten Fahrten Datum (Jahr-Monat-Tag), Zeit (Stunde:Minute:Sekunde), Nummer der Fahrt
Beispiel: 2019-07-16, 05:25:12, Fahrt 108
Zu Beginn einer Speicherung und bei Änderungen
4. Fernlenkende Person Zertifikatsdetails, insbesondere Name und Gültigkeit des Zertifikates Zu Beginn einer Speicherung und bei Änderungen
5. Systemüberwachungsdaten und Fehlerspeichereinträge samt Softwarestand Alphanumerische Zeichen
[A–Z; 0--9] samt Erklärung
Beispiel: P0601 Motorsteuergerät – Speicher Prüfsummenfehler
Zu Beginn einer Speicherung und bei Änderungen
6. Umwelt- und Wetterbedingungen Temperatur (°C), Helligkeit/Beleuchtungsstärke (Lux), Stellung des Scheibenwischers (eingeschaltet/ausgeschaltet) Systemauflösung
7. Vernetzung und Datenübertragung Vernetzungsparameter, mindestens Latenzzeiten nach Anlage 1 Nummer 2.1 bis 2.5 und verfügbare Bandbreite Systemauflösung
8. Aktivierte aktive sowie passive Sicherheitssysteme und Auslösung dieser Systeme Beispiel: AEBS Notbremsassistenzsystem – Notbremsung 1,2 Sekunden Systemauflösung
9. Geschwindigkeit des ferngelenkten Kraftfahrzeugs Numerischer Wert in Meter pro Sekunde Systemauflösung
10. Längs- und Querbeschleunigung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs Numerischer Wert in Meter pro Sekunde zum Quadrat Systemauflösung
11. Spannungsversorgung des ferngelenkten Kraftfahrzeugs Numerischer Wert in Volt für Bordsysteme und technische Ausrüstung zum Fernlenken Systemauflösung
12. Von extern an das ferngelenkte Kraftfahrzeug gesendete Befehle und Informationen Befehle sind im gesendeten Format zu speichern. Für Informationen sind Metadaten zu speichern: Dateigröße, Dateiformat, Quelle, Ziel, Übertragungszeitpunkt Zu Beginn einer Speicherung und bei Änderungen
13. Status der lichttechnischen Einrichtungen Identifikation der lichttechnischen Einrichtung, Status der lichttechnischen Einrichtung (eingeschaltet/ausgeschaltet) Systemauflösung
14. Einleitung des risikominimalen Zustands Datum (Jahr-Monat-Tag), Zeit (Stunde:Minute:Sekunde), Nummer der Fahrt
Beispiel: 2019-07-16, 05:25:12, Fahrt 108
Systemauflösung
15. Übernahme der dynamischen Fahraufgabe durch eine lenkende Person im Kraftfahrzeug Datum (Jahr-Monat-Tag), Zeit (Stunde:Minute:Sekunde), Nummer der Fahrt
Beispiel: 2019-07-16, 05:25:12, Fahrt 108
Systemauflösung
2
Speicherung und Übertragung
2.1
Die in Nummer 1 genannten Daten müssen zum Zeitpunkt der Ereignisse nach den Buchstaben a bis f im ferngelenkten Kraftfahrzeug gespeichert werden:
a)
Beginn und Abschluss des Fernlenkens,
b)
Störungen im Betriebsablauf, technische Störungen des Gesamtsystems, insbesondere Abbruch der Funkverbindung während des Betriebs,
c)
Beinahe-Unfall und Unfall-Szenarien,
d)
Konfliktszenarien, insbesondere Verlassen des Fahrstreifens aufgrund von Fahrtverzug,
e)
Einleitung des risikominimalen Zustands und
f)
Übernahme der dynamischen Fahraufgabe durch eine lenkende Person im Kraftfahrzeug.
2.2
Für die Ereignisse nach Nummer 2.1 Buchstabe b bis f sind die Daten jeweils für einen Zeitraum zu speichern, der zehn Sekunden vor dem Ereignis beginnt und zehn Sekunden nach dem Ereignis endet.
2.3
Die Vernetzungsparameter müssen während der gesamten Dauer des Fernlenkens gespeichert werden.
2.4
Die für die Ereignisse nach Nummer 2.1 Buchstabe b bis f gespeicherten Daten müssen unverzüglich dem Kraftfahrt-Bundesamt übermittelt werden.